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Miss Sara Sampson

von Gotthold Ephraim Lessing

Mit Tonio Arango, Ludwig Boettger, Marcus Burkhard, Nele Rosetz, Klaus Henner Russius, Sigi Schwientek, Kathrin Stribeck

Inszenierung: Niklaus Helbling; Bühne: Dirk Thiele; Kostüme: Victoria Behr; Musik: Jeroen Visser; Dramaturgie: Friederike Biron

Premiere: 12. Januar 2008, Schauspielhaus Zürich, Pfauen

Fotos: Leonhard Zubler

»Viel Wasser auf der Bühne: Das darf man in Zürich ganz wörtlich nehmen. Das „elende Wirtshaus“, in dem sich Sara Sampson und ihr Mellefont verkrochen haben, besteht im Bühnenbild von Dirk Thiele nämlich vor allem aus Waschbecken. Vor Tapeten mit altmodisch-exotischen Mustern, die von längst vergangenen Sehnsüchten erzählen, stehen Zimmerlavabos, die ganz aktuelle Defizite verraten. Sie sind unentwegt am Rinnen, Aus- und Überlaufen. Erhitzte Köpfe können sich darin abkühlen, es fließt viel Wasser auf der Bühne, es spritzt und rinnt und ergießt sich bis in die ersten Zuschauerreihen. Doch ist es nicht zu viel. Es ist nicht reiner Klamauk. Da gibt es immer noch etwas anderes, eine Sehnsucht vielmehr nach etwas Anderem, Exotischem: nach einer vergangenen Utopie. Niklaus Helbling stellt die Fallhöhe schnell her, die dieser Inszenierung ihre Spannweite geben wird: die Idee einer durchaus ernst genommenen Utopie der Empfindsamkeit auf der einen Seite; die sentimentale Komik einer Comédie larmoyante auf der andern. Die Kombination der beiden gelingt gleich in der ersten Szene. (…) Klaus Henner Russius als Sampson ist hoch und hager, mit einem Biedermeierzylinder in der Höhe noch verlängert, Siggi Schwientek als sein Diener Waitwell im Gegensatz dazu kompakt verwurstelt, schlau und verschmitzt, natürlich fällt ihnen das Gepäck aus dem Koffer, natürlich geht das Wasserbecken über, natürlich hat der arme Sampson gleich den Koller – ein Slapstick der Weinerlichkeit ist das, es ist grandios. Und es hat Grösse: die Grösse des Wahren, Guten, Schönen; die Grösse einer echten Utopie. Niklaus Helbling setzt beides klug gegeneinander, die Verhandlung der Empfindsamkeit und ihre komische Gegenerzählung, die Tränen und die Lavabos.« Andreas Klaeui, nachtkritik.de, 12. Januar 2008

  • Beitrag veröffentlicht:12. Januar 2008